Du liest, seit du das ABC beherrscht und hast deine Nase immer in Bücher gesteckt. Auch nachts unter der Bettdecke. Welche Bücher haben dich als Kind am Meisten begeistert? Hast du sie auch mit deinen Kindern gelesen?
Als Kind hatte ich immer wechselnde Phasen in Sachen Büchervorliebe. Ich weiß noch, dass ich eine ganz extreme Karl-May-Phase hatte, in der ich sämtliche seiner gefühlt achtzig Romane in einem Rutsch weggelesen habe, gefolgt von James Fenimore Coopers „Der letzte Mohikaner“ und Co. Bei den meisten habe ich geheult. Dann wieder habe ich alles gelesen, was ich von Astrid Lindgren in die Finger bekam, und bei „Die Brüder Löwenherz“ – schon wieder – geheult wie ein Schlosshund (tue ich im Übrigen heute noch bei diesem Buch). Bis heute haben auch die Romane von Michael Ende einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen – allen voran natürlich „Die Unendliche Geschichte“ und die ist es auch, die ich tatsächlich bereits meinem Achtjährigen vorlese. Ziemlich schnell hatte ich alle Kinderbuchregal der örtlichen Bücherei durch, weshalb ich relativ früh auf Romane ausgewichen bin, die eigentlich für ein älteres Publikum gedacht waren. Mir war das egal, Hauptsache Buchstaben So las ich zum Beispiel in meiner sehr intensiven und langen Fantasy-Phase nicht nur alle Romane von Jules Verne, sondern auch „Herr der Ringe“, worauf ich heute ein bisschen stolz bin, denn zu der Zeit kannte Tolkien absolut niemand in meinem Umfeld, entstand der Hype um diese Trilogie doch erst gut ein Jahrzehnt später im Rahmen der Filme. Und in meiner Science-Fiction-Phase las ich viel von Arthur Conan Doyle, kann mich noch so gut daran erinnern, wie ich in warmen Sommernächten mit meinem Vater auf dem Balkon gesessen und über Isacs Asimovs „Ich, der Roboter“ diskutiert habe. Im Grunde gibt es kaum ein Genre, in das ich nicht mal für kürzere oder längere Zeit abgetaucht wäre.

Vor drei Jahren hast du dich bei deinen Eltern auf die Terrasse gesetzt und innerhalb von drei Wochen dein erstes Buch „Liebe und andere Fettnäpfchen“ geschrieben. Hast du davor schon einmal darüber nachgedacht, ein Buch zu schreiben, oder hat dich die Idee plötzlich gepackt und nicht mehr losgelassen?
Ich habe immer so gern gelesen und hatte darüber hinaus so viele andere Interessen und Aktivitäten, dass es eigentlich nie eine Option war, selbst einmal etwas zu schreiben. Und hätte ich nicht, mit meinem dritten Kind schwanger, jenen Sommer bei meinen Eltern verbracht, die mir meine anderen beiden Kinder bespaßt und mir dadurch urplötzlich eine Unmenge an Freizeit beschert hatten, wäre ich wohl nie auf die Idee bekommen, einen eigenen Roman in Angriff zu nehmen. Und – vor allem – ich hätte nie feststellen können, dass das einzige, was noch schöner ist, als einen Roman zu lesen, ist, einen Roman zu schreiben Ich muss hierbei immer an einen meiner absoluten Lieblingsautoren denken, nämlich Terry Pratchett, der einmal sagte: „Schreiben ist der größte Spaß, den man alleine haben kann.“
Treffen dich neue Ideen einfach aus heiterem Himmel? Kommen sie manchmal in ungeschickten Situationen oder wenn du gerade überhaupt keine Zeit dafür hast? Vielleicht gibt es ja sogar eine kleine Anekdote dazu?
Ideen treffen mich eigentlich ununterbrochen, und manchmal passiert es dann leider tatsächlich, dass ich in dem Moment so in Hektik und mit familiären Terminen beschäftigt bin, dass ich die Idee bereits vergessen habe, bis ich zu Hause bin. Doch zum Glück habe ich noch genügend andere
Tatsächlich sind es meist Alltäglichkeiten, die plötzlich für eine Eingebung sorgen, z.B. für die Idee eine kleinen Szene oder auch nur eines kurzen Dialoges, aus der letzten Endes ein ganzer Roman wird. Generell sind meine Romane tatsächlich viel mehr vom Leben inspiriert, als man meinen würde. Allein während meiner Studentenzeit in Heidelberg so viel Sonderbares und Wunderbares erlebt, dass es lockere mehrere Romane füllen könnte – erst einmal jedoch habe ich damit den Roman „Liebe und andere Fettnäpfchen“ gefüllt
Überhaupt gehören die Erinnerungen an diese Zeit mit zu den schönsten in meinem Leben. Und das, obwohl meine Wohnung im Studentenwohnheim so klein war, dass ich auf dem Klo sitzend duschen konnte, mit einer ganzen Reihe äußerst (!!!) merkwürdiger Mitbewohner zurechtkommen musste und mir nie sicher sein konnte, ob nicht um 3 Uhr nachts irgendein Bewohner des Hauses eine skurrile Party veranstalten oder meine eigene Wohnung unversehens Schauplatz einer solchen werden würde, während ich eigentlich die ganze Nacht für die nächste Prüfung hätte durchlernen müssen … Und da ich leider bis heute die Fähigkeit, mich fünfteilen zu können, nicht erworben habe, ergaben sich obendrein meist gewisse Schwierigkeiten sämtlichen – natürlich immer nahezu parallel stattfindenden – Vorlesungen, Seminaren und Praktika gerecht zu werden und nebenher auch noch das eigene Liebesleben und das der Freunde nicht aus den Augen zu verlieren. Über Langeweile konnte ich mich jedenfalls wirklich niemals beklagen! So haben mich bei zu meinem ersten Roman „Liebe und andere Fettnäpfchen“ vor allem die zum Teil haarsträubenden Erlebnisse von meinen Freundinnen und mir während des Studiums zu Lenas von Fettnäpfchen gesäumter Suche nach Mr. Right inspiriert.
Beim einem anderen meiner Romane, nämlich, „Das Handy in der Hummersuppe“, nahm ich mir die skurrilen Chefs undArbeitskollegen meines Freundeskreises zum Vorbild für das Umfeld, in welchem Amelie sich der Frage stellen muss, was ihr überaus charmanter neuer Kollege zu verbergen hat.
Und bei „Die Liebe ist (k)ein Basketballspiel“, ist es die zentrale Katastrophe, die auf einer realen Begebenheit in meiner Familie beruht, während für die witzigen Szenen mit den Neffen der Protagonistin – wie könnte es anders sein – meine eigene dreiköpfige Chaostruppe Pate stand.
Und so geht es in einem fort weiter, meine inzwischen dreizehn Romane sind daher eine Mischung aus Realität und Fiktion, gewürzt mit ganz viele Liebe, Humor – und manchmal eben auch Tragik.

Neben deiner Familie und dem Alltag bleibt oft nur die Nacht zu schreiben. Da wäre ein Zeitumkehrer sicher praktisch. Wie lange schreibst du nachts meistens und wie viel Schlaf bekommst du?
Schlaf? Was ist das? Auf jeden Fall offenbar etwas, von dem meine Kinder der Meinung sind, ihre Mama bräuchte es nicht, so oft sie mich nachts aus dem Bett holen Oh ja! Einen Zeitumkehrer hätte ich wirklich gern!
Bis vor Kurzem konnte ich wirklich nur spät nachts schreiben, wenn alle Kinder geschlafen haben und ich meinen toten Punkt überwunden hatte. Inzwischen geht auch mein Jüngster in den Kindergarten, so dass ich vormittags ein paar Stunden arbeiten kann. Allerdings kommt dafür mein Großer, der jetzt in der ersten Klasse ist, schon um kurz nach Zwölf aus der Schule. Und ab da bin ich ja im Dauereinsatz mit meinen Kindern. Schreibzeit ist bei mir also wirklich rar, weshalb ich oft die Schulferien dazu nutzen muss, mit meinen Kindern die 400 km zu meinen Eltern zurückzulegen und dort eine Power-Schreibwoche einzulegen.
In Schulzeiten hingegen habe ich sehr oft Tage, an denen ich des Schlafmangels wegen wie ein Zombie herumlaufe und schon um acht Uhr ins Bett falle, kaum dass ich meine Kinder zugedeckt habe. Ich schlafe auch des Öfteren mal vor Müdigkeit am Schreibtisch ein und erwache mit äußerst interessanten Abrücken auf der Stirn. Ansonsten versuche ich eben, mir, wo immer es irgendwie geht, Schreibzeit aus den Rippen zu schneiden, schleppe meinen Laptop so gut wie überallhin mit.
Bitte also nicht wundern, wenn ihr mich in der Umkleidekabine der Turnhalle schreibend vorfindet. Ich warte dann gerade darauf, dass mein Ältester sein Basketballtraining beendet. Genau so kann man mich wöchentlich, mit Laptop auf den Knien, auf der Treppe der Musikschule arbeiten sehen, während meine Mittlere Geige übt. Ich habe wirklich schon an den unmöglichsten Orten an meinen Romanen gearbeitet.
Als Self Publisher kannst du dich nicht nur mit dem Schreiben beschäftigen, sondern musst dich auch um das Marketing kümmern. Wie schaffst du es, alles zu bewältigen? Bist du eher chaotisch veranlagt oder immer gut durchorganisiert?
Ich bin ein fürchterlich chaotischer Bauchmensch und Weltmeisterin darin, Verwaltungskram auf meiner Tischkante aufzutürmen ohne ihn zu bearbeiten und fühle mich von Excel-Listen existenziell bedroht Insofern gerate ich vor jeder Veröffentlichung in eine absolute Sinnkrise, bei der alles über mir zusammenzubrechen droht, weil gefühlte hunderttausend marketingtechnischer Dinge noch zu erledigen sind, während doch gleichzeitig all die sportlichen und musikalischen Aktivitäten meiner Kinder meine Zeit in Anspruch nehmen, und ich doch eigentlich gerade nichts anderes möchte, als einfach nur in Ruhe am nächsten Roman zu schreiben
Aber irgendwie schaffe ich auch das und arbeite, obwohl ich mir nach all dem Stress eine Pause verordnet habe, doch schon viel früher als geplant wieder am nächsten Roman.

Deine Bücher sind nicht nur regelmäßig in den Top 100 der Amazon Charts, sondern waren auch schon mehrmals Bild-Bestseller. Zudem hat dein Buch „Eine Schildkröte macht noch keine Liebe“ beim Lovelybooks-Leserpreis 2016 den fünften Platz belegt. Was ist es für ein Gefühl, zu wissen, dass deine Bücher so gut ankommen?
Natürlich freue ich mich wahnsinnig darüber freue, dass es meine Romane alle in die Top 20 der Amazon-Charts geschafft haben, teilweise sogar in die Top 5, ebenso in die Bild-Bestsellerliste. Doch sehr viel mehr wert als solch ein Ranking sind mir der Leserpreis und all das wundervolle Feedback, dass ich über Mails, über FB und über Instagram erhalte. Sie sind der Grund dafür, warum ich nach einer schlaflosen Nacht und mit Augenringen, die bis nach Japan reichen, mich dennoch wieder an den Laptop setze und weitermache. All diese lieben Nachrichten, in denen es heißt, dass die Leser mit meinen Figuren gelacht, geliebt, gelitten und geweint haben, sie nun, nach Beendigung der Lektüre vermissen wie liebgewordene Freunde, sind das größte Kompliment, das man mir machen kann und die größte Bestätigung für mich als Autor. Das macht all die schlaflosen Nächte wieder wett.
Wenn man so erfolgreich ist, baut sich oft selbstgemachter Druck auf, da man möchte, dass das neue Werk genauso gut ankommt, wie die bisherigen. Gehst du immer locker mit einer neuen Geschichte um, oder baut sich besagter Druck manchmal auch bei dir auf?
Der Druck ist nicht nur da, er wird sogar von Buch zu Buch schlimmer Doch entsteht er tatsächlich nicht durch die Erwartungen der Leser, sondern durch meine eigenen Erwartungen an mich und meine Romane. Ich bin nämlich leider ein fürchterlich selbstkritischer und perfektionistischer Mensch, der immer in allem – und natürlich allem voran im Schreiben – zweihundert Prozent gibt. Jedes Minütchen an Zeit, das ich mir irgendwo aus den Rippen schneiden kann, stecke ich in meine Romane, wahnsinnig viel Energie, Nerven und Emotionen – und noch mehr schlaflose Nächte, schließlich bin ich ja auch noch Mama dreier kleiner Kinder.
Ein Buch durchläuft verschiedene Prozesse, bis es schließlich fertig ist. Welcher Teil bereitet dir am Meisten Freude und magst du einen nicht so gerne?
Das wilde Drauflosschreiben und die erste Hälfte des Romans bereiten mir am meisten Freude, weil ich da meiner Fantasie völlig freien Lauf lassen und mich einfach dem Gefühl hingeben kann. Die zweite Hälfte wird dann schon schwieriger, weil ich aufpassen muss, dass sich alles in die richtige Richtung entwickelt. Und am Ende leide ich regelmäßig Zum Einen, weil ich damit beschäftigt bin, all die Handlungsstränge, die dann irgendwie mal wieder doch ganz anders verlaufen sind, als ursprünglich geplant, und all die Protas, die einfach ihre eigenen Wege anstelle der von mir angedachten gegangen sind, wieder zusammenzuführen. Zum anderen, weil ich sie nicht loslassen will, meine inzwischen heißgeliebten Charaktere, die mir so ans Herz gewachsen sind.
Kannst du dir vorstellen, irgendwann auch ein anderes Genre zu schrieben, oder sind humorvolle Liebesromane, gewürzt mit Dramatik deine große Liebe?
Ich kann mir eigentlich so ziemlich alles vorstellen bis auf Thriller, Krimi und Horror. Tatsächlich spuken in meinem Kopf schon furchtbar viele Ideen auch für Fantasyromane, Jugendromane und sogar Historische Romane herum. Das einzige, was mir fehlt, ist Zeit.
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