Nehmen wir mal an, dass wir uns gerade in Hogwarts befinden. In welchem Haus bist du?
Natürlich in keinem. Denn ich bin die Hausmeisterin. Die Vorteile liegen auf der Hand: Ich muss mich morgens nicht schminken, unter Umständen sogar nicht einmal duschen. 😀 Ich muss nicht freundlich zu anderen sein, schon gar nicht vor dem ersten Kaffee. Niemand weiß so genau, was ich mache, aber alle haben Angst, von mir erwischt zu werden. UND: Ich darf überall hin. Auch in die geheime Abteilung der Bibliothek. Und jetzt Pst! Komm mal mit. Da ist gerade das neue Enthüllungsbuch über Nicolas Flamel reingekommen … habe es für dich beiseite gelegt. 😉
Lily: Danke Olga, du bist die Beste :D. Es ist wirklich praktisch, wenn man die Hausmeisterin von Hogwarts kennt^^
Du schreibst nicht nur gerne, sondern liest auch viel. Hast du ein Lieblingsbuch?
Ich habe nicht DAS Lieblingsbuch. In jedem Genre habe ich so meine Lieblinge, weil ich denke, man kann Bücher aus unterschiedlichen Genres sehr schwer miteinander vergleichen. Ich mag „Liebe ist was für Idioten. Wie mich“ im Jugendbuchbereich sehr, ich finde „Vom Atmen unter Wasser“ absolut großartig, wenn man es etwas „literarischer“ mag.
Du hast bereits acht Bücher veröffentlicht. Welches magst du am Liebsten und welches hat dich am meisten Nerven gekostet?
*hüstel* Zehn. „Wahrheit schmeckt wie Mokkatorte“ hat mich mit Abstand am meisten Nerven gekostet, es hat mich zum Teil richtig kaputt gemacht, dass ich eine sehr lange Zeit danach überhaupt nicht geschrieben habe. Am liebsten mag ich tatsächlich die Schattenflüsterin, weil ich dieses Buch so vielseitig finde: Liebe, Humor, Mystik, Action … es hat quasi alles zu bieten. Es ist ein Buch, das ich sehr gerne geschrieben habe, weil ich es so gern lesen wollte.
Lily: Verzeihung, da habe ich wohl nicht richtig recherchiert.
Es gibt viele Prozesse, die ein Buch durchläuft, bis es fertig ist. Gibt es einen, den du nicht so gerne magst oder der dir oft Schwierigkeiten bereitet?
Vielleicht klingt es verrückt, aber ich mag das Schreiben an sich nicht. Überhaupt nicht. Ich quäle mich regelrecht und hoffe, dass es schnell vorbei ist, weil ich Rohfassungen absolut schrecklich finde. Ich liebe das Überarbeiten, wenn ich sehe, wie sich der Text entfaltet, wie er sich verbessert und mit jedem Schliff lebendiger wird. Am liebsten hätte ich ein Gerät, das meine Gedanken in einer Rohfassung auf das Papier bringt und ich alles entspannt überarbeiten kann 😀

Was hat dich dazu inspiriert die Schattenflüsterin zu schreiben? Kannst du dich noch an den ersten Gedanken erinnern, aus dem die Geschichte geboren wurde?
Ich mag es, Fantastisches mit geschichtlichen Hintergründen zu verweben, tatsächlich hat mich zu diesem Roman das Leben der Menschen in der Neva-Delta vor der Gründung von Sankt Petersburg inspiriert. Die vorchristiliche Zeit, die Traditionen, der Glaube – das fand ich unglaublich spannend und sehr „unverbraucht“. Die griechischen Götter findet man sehr häufig in der Literatur, über die slawischen liest man dagegen so gut wie gar nichts. Dabei sind sie nicht weniger faszinierend und haben unglaublich viel zu bieten!
Du wurdest in Moskau geboren, hast in der Ukraine und in St. Petersburg gelebt, bevor du nach Deutschland gekommen bist. Die Schattenflüsterin spielt ebenfalls in St. Petersburg. Hast du in deinem Buch reale Schauplätze der Stadt gewählt, an denen du vielleicht auch schon vorbei gelaufen bist?
Tatsächlich ist die Schattenflüsterin ein sehr persönliches Buch, weil darin Einiges enthalten ist, was ich auch so erlebt habe. Ich habe meine Jugend in Sankt Petersburg verbracht und wir haben in einer Wohnung gelebt, die ähnlich der ist, in der Lizas Gastfamilie lebt. Der Teppich an der Wand, die Spiegelkommode … Sogar das Foto auf dem Sofa mit einem Rockstar-Poster: es gibt es wirklich und zeigt meinen Bruder und mich. 🙂
Mein Bruder wohnt auch heute noch in einem Haus, in dem quasi auch Edik wohnt – in meiner Story auf Instagram habe ich bereits Bilder gezeigt, die er mir geschickt hat, um die Örtlichkeiten des Romans ein wenig zu untermalen. Das kam sehr gut bei den Fans an, denn so konnten sie sehen, wie „echt“ das alles im Roman ist.
Die Schattenflüsterin basiert zum Teil auf slawischen Mythen. Wie lange hast du für das Buch recherchiert und bist du vielleicht auch auf kuriose oder amüsante Fakten/Geschichten gestoßen, die dir im Gedächtnis geblieben sind?
Wirklich lange musste ich nicht recherchieren, denn ich war schon immer von Mythen fasziniert. Russen sind sehr abergläubisch und vieles ist auch nach der Christianisierung im Alltag verwurzelt geblieben. Gerade die slawischen Mythen fand ich total interessant, je tiefer ich gegraben habe. Zum Beispiel: Baba Jaga. Sie ist in unzähligen Märchen eine wichtige Figur, mal gut, mal böse – aber nicht einmal ich wusste, woher sie wirklich kommt. Man sagt, sie war früher eine wunderschöne junge Frau – und als sie einmal den dunklen Gott Veles traf, verliebten sich die beiden unsterblich ineinander. Doch böse Menschen beneideten die zwei um ihr Glück. Als Veles einmal fortmusste, sagte man ihr, er wäre in einem Kampf gefallen. Vor Kummer verwandelte sie sich in die schreckliche Baba Jaga, die fortan in einem Häuschen auf Hühnerbeinen lebte, in ihrem Mörser herumflog und mit dem Besen Stürme hervorrief. Ob Veles und Baba Jaga einander wiederfinden und wieder glücklich sein werden …? Was denkst du?
Lily: Ich weiß es nicht, hoffe aber, dass es für die beiden irgendwann ein Happy End geben wird. 🙂
In deinem Buch kommen Hunde und Raben vor und du hast auch selbst einen super süßen Hund. Wie kommst du damit klar, wenn Tieren in Büchern etwas Schlimmes passiert?
Sagen wir mal so: Cujo von Stephen King habe ich abgebrochen 😀
Die Protagonisten träumt viel und kann ihre Träume auch beeinflussen. Träumst du selbst auch oft und hast du vielleicht schon einmal von einem deiner Bücher geträumt?
Ich kann mich tatsächlich fast jeden Morgen an meine Träume erinnern. Ab und zu kann ich sie sogar beeinflussen, nur natürlich nicht so gut wie Liza. Und oft habe ich von neuen Ideen geträumt und dachte mir im Schlaf: Boah, ist das spannend …! Und dann bin ich aufgewacht und stellte fest: Was habe ich da nur für einen Quatsch zusammengesponnen?
Träumst du von Büchern, die du gelesen hast? Vielleicht gar von der Schattenflüsterin?
Lily: Ich muss dich leider enttäuschen. Bis jetzt habe ich noch nie von der Schattenflüsterin geträumt. Aber auch von anderen Büchern träume ich sehr selten. Ich glaube sogar, dass ich bis jetzt nur von der Zauberwelt geträumt habe und durch Hogwarts geschlendert bin.
Ansonsten träume ich auch sehr viel Quatsch ^^
Das Ende der Schattenflüsterin lässt auf einen zweiten Band hoffen. Gibt es dazu schon Pläne?
Pläne und Ideen habe ich genug, denn auch mich lässt die Schattenflüsterin nicht so einfach los. Aber eine Fortsetzung ist immer „so ne Sache“ … sie hängt von sehr vielen Faktoren ab, die sich nicht so recht beeinflussen lassen. Drehen wir mal den Spieß um: Was würdest du dir in der Fortsetzung der Schattenflüsterin wünschen?
Lily: Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, um niemanden zu spoilern. Allgemein würde ich gerne wissen, wie es mit den Charakteren weiter geht. Und über Vales würde ich auch gerne mehr lesen 😀
An welchen Projekt arbeitest du zur Zeit? Kannst du uns schon mehr darüber verraten?
Es ist ein historischer Roman, der kurz vor dem ersten Krieg im Reichsland Elsaß-Lothringen spielt. Wie man sieht: Ein vollkommen anderes Genre, und es ist sehr spannend, etwas Neues auszuprobieren. Der Rechercheaufwand ist aber enorm, ich glaube, für kein Projekt musste ich bis jetzt so viel nachschlagen. Kürzlich habe ich 40 Minuten lang gesucht, wie viel eine Brezel im Jahr 1905 gekostet hat … (Für alle, die es wissen wollen: Die Antwort lautet drei Pfennig.)
Liebe Olga, vielen herzlichen Dank für das tolle Interview 🙂
Hier findest du Olga auf Instagram oder auf ihrer Homepage.
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Foto: Olga Krouk
Cover: Drachenmondverlag
1 Kommentar
So ein Gerät für die Rohfassung hätte ich auch gerne! Spannend dieser Einblick in dein Autorenleben liebe Olga. Auf das neue Buch bin ich sehr gespannt!