In einem Interview habe ich gelesen, dass du deine Nebencharaktere oft viel toller findest als deine Hauptprotagonisten. Woran liegt das?
Ich glaube, das liegt daran, dass Nebencharaktere komplizierter zu gestalten sind. Sie müssen durch nur wenige Bemerkungen ein unverwechselbares Profil bekommen, damit der Leser sie liebt. Im Grunde ist es schwieriger aber auch leichter, weil man sich nicht so verzettelt. Bei Hauptfiguren muss man immer darauf achten, dass die Persönlichkeit stringent bleibt, sich aber auch entwickelt. Das kann manchmal sehr mühsam sein.
Je nachdem, in welcher Schreibphase du dich befindest, stehen am Anfang Obst und Wasser und gegen Ende eines Buches Schokolade oder auch mal Rotwein und Schnaps auf deinem Schreibtisch. In welchen Situationen greifst du zu den alkoholischen Getränken?
Oh, da habe ich keine Präferenzen. 🙂
Ich trinke ein Glas Wein, wenn ich happy bin, weil die Geschichte im Fluss ist und ich trinke eines, wenn ich gerade mal alles löschen möchte, was ich so geschrieben habe. Die erste Situation überwiegt zum Glück deutlich.
Inzwischen hast du über zwanzig Bücher veröffentlicht. Bist du immer noch aufgeregt, wenn ein neues Buch von dir erscheint oder ist es mittlerweile zur Routine geworden?
Routine wird es wohl nie, aber ich bin bei ganz neuen Projekten deutlich nervöser, als bei bereits etablierten Serie. Wenn ich zum Beispiel unter meinem Pseudonym Emma C. Moore veröffentliche, ist es immer wieder ein Abenteuer.

Zuletzt hast du unter deinem Pseudonym Emma C. Moore »Timing is Everything« veröffentlicht. Welches Projekt nimmst du als Nächstes in Angriff. Wir würden uns sehr über ein paar exklusive Infos freuen.
Ich stecke mitten im ersten Teil meiner Engelsaga. Gerade habe ich auf Facebook einen Textschnipsel veröffentlicht und mich riesig über die Begeisterung meiner LeserInnen gefreut. Es ist etwas anders, als meine vorherigen Projekte und zwar deutlich düsterer und auch spannender. Es kommen ja nicht alle Tage Engel auf die Erde zurück und erheben Anspruch auf die Herrschaft. Meine Hauptprotagonistin Moon hat schon mit ihrer liebenswerten aber speziellen Zwillingsschwester und ihrem störrischen kleinen Bruder alle Hände voll zu tun und gerät nun auch noch ins Visier der Engel. Die Saga ist etwas dystopisch – angesiedelt im Venedig in ungefähr zwanzig Jahren, ziemlich fantastisch und ganz schön romantisch, denn obwohl Moon die Engel nicht ausstehen kann, verliebt sie sich natürlich in einen.
Viele Fans warten sehnsüchtig auf die Verfilmung von MondSilberLicht. Im Dezember 2017 hast du einen Optionsvertrag mit einer Filmproduktionsfirma unterschrieben. Wie fühlt es sich für dich an, zu wissen, dass deine Bücher verfilmt werden? Gibt es vielleicht sogar schon Neuigkeiten, die du noch nicht mitgeteilt hast?
Das fühlt sich bisher leider noch gar nicht an, weil man als Autorin ja nie weiß, ob überhaupt etwas daraus wird. Eine Option ist eben erst mal nur eine Option. Jetzt heißt es abwarten und Tee trinken, ob die Produktionsfirma es schafft, für die Umsetzung Geld einzuwerben. Denn ein Film verursacht zuerst mal nur Kosten. Grundsätzlich wäre es allerdings der Hammer. Ich glaube, wenn es klappt, miete ich mir ein großes Kino, setze mich ganz allein mit einer riesigen Tüte Popcorn in die erste Reihe und weine. Die zweite Vorstellung gucke ich dann mit all meinen Lieben an und jedem, der gern dabei sein möchte. Allerdings kann es immer noch sein, dass es gar nicht klappt – aber davon zu träumen, ist natürlich nicht verboten.
Du bist auf den verschiedensten Social Media Kanälen sehr aktiv. Als Blogger wissen wir, wie schwierig es manchmal ist, den Überblick zu behalten und regelmäßig spannende und schöne Inhalte zu posten. Planst du deine Beiträge im Voraus? Wie gehst du dabei vor?
Ich plane gar nicht. Ich poste einfach, was mir so in den Sinn kommt oder was gerade passiert. Manchmal könnten das zehn Sachen am Tag sein. Manchmal gibt es eine Woche lang nichts Neues. Manchmal denke ich auch, wen interessiert das eigentlich und verfluche diese Technik, die mir die Zeit raubt. Aber dann macht es wieder sehr viel Spaß, weil es meine Möglichkeit ist, mit der Welt und meinen LeserInnen in Kontakt zu bleiben und ein direktes Feedback zu bekommen.
Meistens postest du viele Beiträge zu deinen Büchern, aber auch kleine Einblicke von deinem Leben. Inwieweit ist es für dich in Ordnung, Privates preiszugeben und wo beginnt deine Grenze?
Ich versuche meine Beiträge so persönlich wie möglich zu gestalten. Denn eigentlich gibt es da nichts Unpersönliches – meine Bücher, das bin ich und alles, was damit zusammenhängt. Ab und zu poste ich allerdings auch Bilder von meinem Garten, meiner Küche, meinem Kater, meinem Haus und sehr selten Bilder meiner Familie. Ich lebe grundsätzlich ja ein ganz normales Leben, wie alle meine LeserInnen auch und das will ich ab und zu auch zeigen. Die Grenze ist sicher fließend und verändert sich im Laufe der Jahre.

Mit über einer Million verkauften Büchern/E-Books bist du einer der erfolgreichsten Self Publishing Autoren Deutschlands. Früher wurden Self Publisher oft belächelt. Heutzutage gibt es viele Autoren, die die Freiheiten des SP bevorzugen und qualitativ genauso hochwertige Bücher anbieten wie Verlage. Werden Self Publisher in der Zwischenzeit ernster genommen? Was glaubst du, wie sich das in den kommenden fünf bis zehn Jahren noch verändern wird?
Ich denke schon, dass Selfpublisher mittlerweile ernster genommen werden, aber auch hier muss man Unterscheidungen treffen. Es gibt viele Autoren, die mit ganz viel Herzblut und hoher Professionalität ihre Bücher schreiben und mit voller Überzeugung als Selfpublisher veröffentlichen. Dann gibt es Autoren, die für Trends schreiben (was okay ist) und über einen sehr niedrigen Preis ihre Bücher anbieten. Das kann eine Weile funktionieren aber ich weiß nicht, ob das ein dauerhaftes Konzept ist, mit dem der Autor auch wahrgenommen wird. Jeder Autor muss seinen Weg für sich selbst finden und sich fragen, wohin er sich entwickeln möchte. Aber ich versteige mich jetzt mal in die These, dass viele dieser Autoren in den nächsten Jahren nicht mehr vom Schreiben leben können. Der Buchmarkt ist ein sehr hart umkämpfter Markt, in dem das Angebot/Nachfragegefüge nicht mehr richtig zusammenpasst. Wir befinden uns in der außergewöhnlichen Situation, dass es viel mehr Bücher gibt, als jemals gelesen werden können. Natürlich ist der erste logische Schritt, Leser über den Preis zu gewinnen. Aber damit baut man sich natürlich keine treue Leserschaft auf. Das hat die Vergangenheit vielen Autoren bitter bewiesen. Ich glaube, dass sich die Situation in den nächsten zehn Jahren im SP und im Verlagswesen bereinigen wird. Das SP wird gerade für neue Autoren an Stellenwert zunehmen und die Verlage werden wahrscheinlich ihre Autorenschaft unter erfolgreichen Splern rekrutieren. Das macht ja auch Sinn. Und ich glaube aber nicht, dass da nur auf ein Ranking geschielt wird, das im Zweifelsfall nur noch über niedrige Preise, Prime Reading oder Kindledeals erreicht wird. Ich habe außerdem den Eindruck, dass auch Amazon einen engeren Schulterschluss mit den Verlagen anstrebt – denn im Grunde sind nur Titel und Leser interessant, die auch Umsatz generieren. Ich könnte zu der Frage endlos weiterschreiben, mache hier aber mal Schluss 🙂
Nutzt du bestimmte Tools oder Apps, die dich bei der Organisation unterstützen?
Mein Kopf ist meine App und jede Menge Notizzettel, die ich meistens schon eine halbe Stunde später nicht mehr lesen kann. Für meine Engel habe ich zum ersten Mal eine Figurendatenbank angelegt. Hätte ich nur auch speichern sollen. Nach einem Neustart meines Rechners war sie verschwunden. Wahrscheinlich von einem Dämonen gefressen oder weggelaufen.
Glaubst du, dass es inzwischen für Neuautoren noch schwieriger geworden ist, bei einem Verlag unter Vertrag genommen zu werden, wenn man vorher nicht als Self Publisher veröffentlicht und sein Können unter Beweis gestellt hat? Ist es sinnvoll, sich gleich nach einer Agentur umzusehen, wenn man den Self Publishing Weg nicht gehen möchte?
Das ist nicht so leicht zu beantworten, weil es sicher immer noch Bücher gibt, die Agenten und Verlage umhauen und die ein Debüt sind. Viel schwerer ist es, diese Hürde erst mal zu nehmen. Meine MondLichtSaga lag bei circa 10 Großverlagen auf dem Tisch, in einer Zeit, in der Fantasy Romance unter der Leserschaft boomte. Kein Verlag wollte sich das Projekt näher ansehen, mittlerweile hat es sich mehr als 600.000 Mal verkauft. Ich mache das niemandem zu Vorwurf, weil es schwierig ist, zu entscheiden, was wann funktioniert. Warum? Weil zu viele Lizenzen eingekauft werden und weil die Planungszeiten extrem lang sind. Kauft ein Verlag heute eine Lizenz ein, um das Buch in zwei Jahren ins Programm zu nehmen, kann der Hype um das Thema längst vorbei sein. Das muss man immer bedenken, auch bei der eigenen Planung, wo man ein Buch anbietet. Es ist auch nicht jedes Buch fürs SP geschaffen, die gutgehenden Genre sind ganz eindeutig Krimis, Liebesromane und Romance Fantasy. Mit einem historischen Roman würde ich immer zu einer Agentur gehen. Man darf allerdings auch nicht dem Irrglauben verfallen, dass man sich mit einer Verlagsveröffentlichung eine Leserschaft aufbaut, die einen ins SP begleitet oder umgedreht. Das eine kann das andere jeweils nur flankieren.
Wenn du deine Tochter in die Schule bringst, verabschiedest du sie mit den Worten: „Träum was Schönes“. Der Unterricht besteht oft aus einem starren Konzept, wo nicht über den Tellerrand hinaus geschaut wird. Wie man die eigene Fantasy benutzt und die Gedanken schweifen lässt, lernt man in der Regel nicht. Möglicherweise ist das unter anderem ein Grund, warum Kinder immer weniger Bücher lesen. Was könnte man deiner Meinung nach tun, um das zu ändern?
Ja, das tue ich tatsächlich. Am Anfang ist es mir gar nicht aufgefallen, bis mein Mann mich komisch angeschaut hat. Nach zwei Kindern, die ich durch die Schule begleitet habe und einem, das noch mittendrin steckt, wünsche ich mir so sehr eine Schule, die den Kindern mehr biete, als stures Lernen. Das macht weder den Kindern, noch den Lehrern, noch den Eltern Spaß. Die Welt hat sich verändert, aber unser Lernkonzept ist seit Ewigkeiten gleich geblieben. Kinder sollen um die Ecke denken, aber ihnen wird nicht beigebracht, wie das funktioniert. Gleichzeitig fehlen ihnen wichtige Grundlagen und Kompetenzen. Kaum ein Grundschulkind kann sich heute auf einen längeren Text konzentrieren. Ich habe kein Geheimrezept (außer, nehmt allen ihre Smartphones weg), aber ich hätte ein paar Ideen. Vielleicht eröffne ich mal eine Schule für Traumtänzer.
Danke für das tolle Interview 🙂
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Foto: Marah Woolf
Cover: Marah Woolf